Trotz diverser globaler Krisen steht die Wirtschaft in Stuttgart gut da. Im nationalen und internationalen Vergleich nimmt sie sogar eine Spitzenposition ein. Die meisten Unternehmen, ob groß oder klein, haben nach wie vor eine gute Auftragslage, die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist hoch und die Steuereinnahmen fließen – noch. Darauf darf sich Stuttgart nicht ausruhen. Neben aktuell drängenden Herausforderungen wie der Digitalisierung, das Vorankommen beim Thema E-Mobilität und dem entgegenwirken des Fachkräftemangel, sind es vor allem die weltweiten Herausforderungen des Klimawandels und der Ressourcenknappheit, die die Grenzen des Wachstums aufzeigen und ein Umsteuern unumgänglich machen.

Als Wirtschaftsstandort ist Stuttgart noch weit davon entfernt, seine Wirtschaftskraft aus nachhaltigen Geschäftsfeldern zu beziehen. Der wirtschaftliche Erfolg der Zukunft hängt aber unmittelbar davon ab, ob es gelingt, Wohlstand und Ressourcenverbrauch stärker zu entkoppeln. Für die Zukunft unserer Stadt wird es entscheidend sein, ob die hiesigen Unternehmen und dabei insbesondere die großen Arbeitgeber*innen in der Automobilindustrie und ihre mittelständischen Zulieferbetriebe nicht nur die Digitalisierung und den Fachkräftemangel, sondern auch die ökologische Modernisierung erfolgreich bewältigen.

Die Rahmenbedingungen für diesen Strukturwandel sind sehr gut. Als Stadt der Tüftler*innen und Denker*innen, als einer der forschungsstärksten Standorte in Deutschland und Europa und als Standort mit einem ausgesprochen guten Gründerklima hat Stuttgart hervorragende Voraussetzungen. Stuttgart muss zu einem international führenden Standort für grüne Technologien und zu einem Leuchtturm für Antriebs- und Verkehrssysteme der Zukunft werden. Auch für das Handwerk ist die ökologische Modernisierung ein Erfolgsmodell, das Betriebe und Arbeitsplätze sichert. Der Investitionsbedarf bei der energetischen Sanierung des Gebäudebestandes ist noch gewaltig, auch bei der öffentlichen Hand. Wir GRÜNE sorgen dafür, dass auch die Kommunalpolitik die Weichen für die ökologische Modernisierung stellt, den Transformationsprozess in der Wirtschaft aktiv unterstützt und nicht im Bremserhäuschen sitzt.

Mit der von uns initiierten Einführung der Gemeinwohlbilanz bei den städtischen Eigenbetrieben Stadtentwässerung (SES) und Leben und Wohnen (ELW) haben wir gezeigt, dass sich wirtschaftliches Handeln und Gemeinwohlorientierung nicht ausschließen. Mit der Gemeinwohlbilanz wird parallel zur Finanzbilanz der Beitrag des Unternehmens zum Gemeinwohl bewertet. Durch die Bilanz wird differenziert angezeigt, in welchen Bereichen bereits ein Beitrag zum Gemeinwohl geleistet wird und wo noch Entwicklungspotentiale liegen. Schon der Prozess der Bilanz-Erstellung bringt tiefgehende Erkenntnisse und wertvolle Strategien. Und er schafft hohe Transparenz für die Unternehmensführung, die Mitarbeiter*innen, Lieferant*innen, Kund*innen und die Gesellschaft.

Wir GRÜNE setzen uns dafür ein, dass in Zukunft weitere städtische Unternehmen sich auf den Weg machen eine Gemeinwohlbilanz erstellen. Damit soll nicht nur das unternehmerische Handeln der Stadt selbst nachhaltiger werden, vielmehr sollen auch möglichst viele andere Akteure wie Bildungseinrichtungen, Stiftungen, Verbände und Unternehmen von den Erfahrungen der öffentlichen Unternehmen mit der Gemeinwohlbilanz profitieren können. Wir freuen uns, dass kürzlich nun auch der Eigenbetrieb Stuttgarter Bäder gemeinwohl-zertifiziert wurde.

Bereits im Jahr 2018 wurde mit auf unsere Anregung hin eine Projektmanagerin für Nachhaltigkeit und Gemeinwohl eingestellt und ein Netzwerk „Nachhaltigkeit und Gemeinwohl“ gegründet mit dem Ziel, die Gemeinwohl-Ökonomie als Treiberin der Nachhaltigkeit in Stuttgart zu verankern. Damit hatte Stuttgart schon damals eine Vorreiterrolle inne.

Ebenfalls in 2018 hat sich die Landeshauptstadt der Agenda 2030 angeschlossen und im selben Jahr den Bericht „Lebenswertes Stuttgart: Die globale Agenda 2030 auf lokaler Ebene. Bestandsaufnahme auf Grundlage von Indikatoren zur Abbildung der Sustainable Development Goals (SDGs) vorgelegt, der seitdem regelmäßig fortgeschrieben wird.

Außerdem haben wir der Stadtverwaltung vorgeschlagen, die SDGs als Grundlage für ein finanzwirtschaftliches Gesamtsteuerungssystem des städtischen Haushalts heranzuziehen. Wir sind überzeugt: Die ganzheitliche Unternehmensbetrachtung der Gemeinwohl-Bilanz korrespondiert sehr gut mit dem Instrument der SDGs.

Um die im Pariser Klimaabkommen formulierten Ziele zu erreichen, wird ein Ausstieg aus dem fossilen Sektor in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts unumgänglich sein. Bei diesem Ausstieg spielen auch die Finanzmärkte eine wichtige Rolle, über die klimaschädliche, umweltzerstörende, gesundheitsschädigende oder ausbeuterische Geschäftsmodelle finanziert werden.

Wir GRÜNE haben uns erfolgreich dafür eingesetzt, dass die Stadt Stuttgart bei der Anlage ihres Finanzvermögens eine konsequente Divestment-Strategie umgesetzt hat. Das städtische Finanzvermögen wird nun auch nach Nachhaltigkeitskriterien und strikt unter Klimaschutzgesichtspunkten angelegt. Das ist auch ökonomisch sinnvoll und kann sogar deutlich ertragreicher sein als fossile Kapitalanlagen. Zudem schirmen wir damit das öffentliche Vermögen der Stuttgarter*innen vor den hohen Risiken einer drohenden Wertberichtigung des fossilen Sektors ab.

Kommunale Co-Working-Spaces schaffen eine gute Infrastruktur für Neugründungen im Bereich der digitalen Wirtschaft. Zu einer klugen Flächenpolitik gehört auch die Aktivierung von Brachräumen und die Zwischennutzung vorübergehender Leerstände. Solche Interimsflächen sind insbesondere bei Künstler*innen und jungen Kreativunternehmen heiß begehrt.

Wir GRÜNE haben uns für eine städtische Servicestelle für Leerstands- und Zwischennutzungsmanagement intensiv eingesetzt, um das Potenzial der Interimsnutzungen besser auszuschöpfen. So konnte mancher Leerstand zur kreativen Keimzelle entwickelt werden.

Die Landeshauptstadt Stuttgart trägt seit 2013 den Titel „Fairtrade-Stadt“. Der faire Handel und faire Arbeitsbedingungen sollen in den Produktionsländern gestärkt werden. Es ist Zeit, einen Schritt weiter zu gehen, denn prekäre Arbeitsbedingungen und Schäden an Natur und Umwelt sind in den Ländern des globalen Südens leider noch weit verbreitet.

Wir GRÜNE haben ausdrücklich die Forderung nach einem gesetzlich verbindlichen Rahmen unterstützt, der Unternehmen dazu verpflichtet, Risiken zur Verletzung von international anerkannten Menschen-, Arbeits- und Umweltrechten entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette zu analysieren. Die Verabschiedung des Lieferkettengesetzes im Juli 2021 war ein wichtiger Schritt hin zu einem weltweit fairen Handel.

Wir GRÜNE erhöhen auch die Anstrengungen für die konsequente Müllvermeidung und Müllreduzierung. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass die Produkte, die im öffentlichen Raum verwendet werden, so beschaffen sind, dass sie im Sinne der Kreislaufwirtschaft wiederverwertet werden können. So haben wir uns dafür eingesetzt, dass im Rahmen des Konzepts Sauberes Stuttgart die Vermarktung eines Mehrweg-Becher-Pfandsystem vorangetrieben wurde und setzen uns jetzt für eine Ausweitung auf Mehrweg-Behälter für Speisen ein. Langfristig müssen alle Produkte, insbesondere auch jede Art von Verpackung im Rahmen einer Kreislaufwirtschaft, recycelbar sein.

Diese Umstellung muss bei städtischen Veranstaltungen und bei Festen auf städtischen Straßen und Plätzen anfangen. Ein nachhaltiges Veranstaltungsmanagement, das Einweggeschirr und Kunststoffverpackungen konsequent und verpflichtend durch Mehrwegsysteme oder vollständig recycelbare Materialien ablöst, hat viele positive Effekte: Der Abfall auf unseren Wegen und Plätze wird reduziert, die städtische Müllentsorgung wird entlastet und die Umwelt wird geschont.

Wir brauchen auf allen Ebenen noch mehr Ehrgeiz beim Klimaschutz. Daher war es für uns nur folgerichtig, das Ziel der Stadt Stuttgart klimaneutral zu werden, von 2050 auf 2035 vorzuziehen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir aber noch mehr tun und noch schneller in die Umsetzung kommen. Jetzt endlich konnten wir dafür die Grundlage schaffen: Mit einer großen Mehrheit im Rat haben wir am 17. November 2022 die Vorlage „Prüfung der Klimarelevanz von Beschlussvorlagen“ beschlossen. Diese besagt, dass künftig alle – wirklich alle – Beschlüsse des Gemeinderats, auf ihre Auswirkungen aufs Klima geprüft werden müssen.

Jetzt braucht es ein Monitoring, das – wie es ganz selbstverständlich bei den finanziellen Auswirkungen jeder Beschlussvorlage gemacht wird – auch die Währung CO2 mitdenkt. Denn dann wird schnell klar, welches Vorhaben uns, wie viel CO2 kostet. Wir haben die Verwaltung aufgefordert, die Kriterien für eine geeignete Methodik der CO2-Bilanzierung zu erarbeiten. Denn wenn es uns wirklich ernst ist mit der Klimaneutralität 2035, müssen wir auch das Thema des CO2-Restbudgets im Blick behalten. Um dies zu gewährleisten, muss die Verwaltung das CO2-Restbudget alle sechs Monate evaluieren und dem Rat zur Kenntnis geben. Denn entscheidend für den Erfolg unseres Beschlusses zur Klimarelevanz ist seine Verbindlichkeit.

Aktuelles zum Thema Nachhaltigkeit

Weitere Spenden gesucht

Das Umweltzentrum Stuttgart in der Rotebühlstraße 86/1 steht vor dem Aus: Das begrünte Haus im Stuttgarter Westen soll verkauft werden. Für die Rettung werden weitere Spenden gesucht.

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Rathaus Haushaltsanträge 2024/2025

Mit Plan in die Zukunft

Mit einem umfangreichen Gesamtpaket ergänzen wir den bisher lückenhaften Haushaltsvorschlag des Oberbürgermeisters mit wichtigen Zukunftsaufgaben.

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Zertifikatsübergabe für gemeinwohl-orientierte Unternehmen

Die GRÜNE Gemeinderatsfraktion lädt Sie gemeinsam mit der Gemeinwohlökonomie BW herzlich zur Zertifikatsübergabe für gemeinwohl-orientierte Unternehmen ein. Die Veranstaltung findet am Dienstag, 9. Mai 2023 um 19.00 Uhr im Mittleren Sitzungssaal im Stuttgarter Rathaus statt. Neben Impulsen und einer Talkrunde steht die Zertifikatsübergabe für gemeinwohl-orientierte Unternehmen aus ganz Baden-Württemberg im Mittelpunkt. Im Anschluss der Veranstaltung haben Sie Gelegenheit zum persönlichen Austausch.

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Anträge zum Thema Nachhaltigkeit

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