Danke, Fritz Kuhn!

7. Januar 2021In Rathaus & Fraktion10 Minuten Lesezeit
Fritz Kuhn war vom 7. Januar 2013 bis 6. Januar 2021 Oberbürgermeister von Stuttgart. Foto: Fraktion

Nun ist es so weit – für Fritz Kuhn beginnt mit dem heutigen Tag die Zeit nach der Amtszeit als Oberbürgermeister von Stuttgart. Furore hat er gemacht als erster GRÜNER Oberbürgermeister einer Landeshauptstadt in Deutschland. Fritz Kuhn schaffte es 2012, eine absolute Mehrheit der Stuttgarter*innen für sich zu gewinnen. 36,5 Prozent im ersten und eindeutige 52,9 Prozent im zweiten Wahlgang. Souverän der Profi aus Berlin, der bei seiner Amtseinführung am 7. Januar 2013 bereits die Themen ansprach, die ihn in den acht Jahren seiner Amtszeit beschäftigten.

Damals schon richtete er klare Worte an die Bahn beim Thema S21 und auch die wichtige Aufgabe der Luftreinhaltung im Stuttgarter Kessel hatte er auf dem Schirm. Noch niemandem im Saal war damals bewusst, dass wir es 2015 schaffen müssen, mehrere tausend Geflüchtete in Stuttgart unterzubringen. Noch heute gilt der Stuttgarter Weg, die dezentrale Aufnahme der Geflüchteten, den der Oberbürgermeister gemeinsam mit dem Gemeinderat – mit Ausnahme der AfD – einschlug, in anderen Städten als vorbildhaft. Alle politisch Verantwortlichen der Stadt waren sich einig, dass es eine selbstverständliche Aufgabe war, den Menschen in Not in Stuttgart zu helfen, sie anständig unterzubringen und ihnen Angebote zur Integration zu machen. Wir alle erinnern uns an die Worte Fritz Kuhns, als er in der Rede am Schlossplatz Hölderlin zitierte: „Glückliches Stuttgart! Nimm freundlich den Fremdling mir auf!“

Klare Kante gegen Rechts

Klare Kante gegen Rechts, leidenschaftlich gegen Diskriminierung und Ausgrenzung, für Toleranz und Akzeptanz, so erlebten ihn viele Stuttgarter*innen nicht nur 2015, sondern auch bei einer Demo gegen Rechts auf dem Karlsplatz, einer Kundgebung für Maria Kalesnikawa, der Eröffnung des Hotels Silber oder den Rathausempfängen zum CSD.

Fahrverbote und Feinstaubalarm

Gesundheitsgefährdende Luftverschmutzung, auch ausgelöst durch Manipulationen und Tricksereien der heimischen Automobilindustrie, machten Fahrverbote für Autos unterhalb der EURO 4 und später der EURO 5 Diesel in Stuttgart unumgänglich.

Auch, wenn die Vorgänge mit roter, gelber und grüner Plakette einige Jahre zuvor eine akzeptierte Lösung waren, versagte die Bundesregierung und vor allem der Bundesverkehrsminister nacheinander und weigerten sich, diese Plakettenlösung fortzuschreiben.

Der Feinstaubalarm war ein klares Signal an die Stuttgarter*innen, mit dem Ziel bessere Luftwerte im Kessel zu erreichen. Doch anstatt den schlechten Luftwerten den Kampf anzusagen, bekämpften manche den Begriff Feinstaubalarm, weil dieser schädlich für das Image der Stadt sei. Jetzt, wo die Feinstaubwerte in Stuttgart deutlich unter den Grenzwerten liegen, zeigt sich, dass es richtig war, das Problem klar zu benennen, weil es nur so möglich war, eine Lösung für den Smog im Kessel zu finden.

Weichen für eine klimafreundliche Zukunft gestellt

Aber nicht Fahrverbote allein sollten es richten. Gemeinsam mit Fritz Kuhn hat der Gemeinderat mit den Zielbeschlüssen zur Lebenswerten Innenstadt, zur Fahrradstadt Stuttgart, aber auch mit einem erheblichen Ausbau des ÖPNVs, die Weichen für eine klimafreundliche Zukunft der Stadt gestellt. Seither steht nicht mehr die autogerechte Stadtplanung an oberster Stelle, sondern die Rückgewinnung des öffentlichen Raums.

Entsprechend wurde erst kürzlich der Wettbewerb zur B14 mit der umstrittenen Prämisse ausgelobt, die Fläche des motorisierten Individualverkehrs um mindestens die Hälfte zu reduzieren. Dass der Siegerentwurf mit großer Mehrheit vom Rat gebilligt wurde, zeigt, dass auch der Rat in seiner Gänze eine Entwicklung in den vergangenen acht Jahren genommen hat, die zu einer aufstrebenden Großstadt mit neu gelebter Urbanität passt.

Tarifreform und Jobticket

Dazu gehört auch, den ÖPNV nicht nur weiter auszubauen, sondern ihn attraktiver und günstiger zu machen. OB Kuhn als versierter Verhandler hat auch in der Region dafür gesorgt, dass die Beschlüsse des Gemeinderats zur Tarifreform verbundweit zu einem Erfolg für den ÖPNV wurden. Und auch beim Jobticket stellte er sein Verhandlungsgeschick unter Beweis. Er setzte sich mit den großen Stuttgarter Unternehmen an einen Tisch und erreichte, dass auch die großen Player ins klimafreundliche Jobticket einstiegen. Nur so konnte diese ÖPNV-Offensive zum wichtigen Instrument der Verkehrswende werden. Unserem gemeinsamen Einsatz für einen Mobilitätspass muss nun die nächste Landesregierung zum Erfolg verhelfen, indem sie die Voraussetzung dafür schafft, dass Städte solche Maßnahmen für sich auf den Weg bringen können.

Weichen auf sozialen Wohnungsbau gestellt

Mit dem Bündnis für Wohnen hat Fritz Kuhn schon bald nach seinem Amtsantritt die Weichen auf sozialen Wohnungsbau gestellt, der in den Jahren davor weitgehend zum Erliegen gekommen war. Hart umkämpft war die Quote für den sozialen Wohnungsbau (SIM), heute auch außerhalb von Stuttgart ein selbstverständliches Instrument, um eben diesen voran zu bringen.

Bei der Energieversorgung wurde unsere Stadt zu einer Stadt der Energieeinsparung und der Erneuerbaren Energie. Vor allem mit der Konzessionsvergabe für die Netze bei Strom und Gas zugunsten der Stadtwerke wurde die Voraussetzung dafür geschaffen, dass die Stadtwerke als „Motor der Energiewende“ agieren können.

Klimaschutzpaket geschnürt

Zum letzten Haushalt hat Fritz Kuhn zusätzlich zu dem, was in den Bereichen Verkehr und Energie schon umgesetzt wurde, ein Klimaschutzpaket mit 200 Millionen Eure auf den Weg gebracht. Dieses wird wesentlich zur Beschleunigung der CO2 Reduktion bis 2030 in unserer Stadt beitragen. Wir werden es die nächsten Jahre weiterführen und die Beschlüsse zur Umsetzung bringen.

Nachhaltige Politik

Fritz Kuhn wollte, und das sagte er gleich zu Beginn seiner Amtszeit, nicht mit Leuchttürmen punkten und Projekte anstoßen, um sich im Glanz dieser zu sonnen. Es ging ihm darum, die Stadt nachhaltiger und kulturell reicher zu machen. Er ging die Dinge an, die schon in Planung waren oder aber einfach getan werden mussten. Etwa die Schließung des Fernsehturms, die ihm manchen Ärger eingebrachte. Die Tatsache, dass wir jetzt einen modernisierten und sicheren Fernsehturm in Stuttgart haben, brachte leider nicht die gleichen Schlagzeilen wie die damalige Schließung.

Er packte den Sanierungsstau bei den Schulen, den Bädern oder Kultureinrichtungen weiter an, genauso wie den Neubau der John-Cranko-Schule, die Weiterentwicklung und Umsetzung des Stadtpalais oder des Hotels Silber. Dass ihm dann, als wieder mal Sand im Getriebe des Neubaus der John-Cranko-Schule den Stillstand befürchten ließ, gelungen ist, mit Porsche einen Sponsor zu gewinnen, zeigt, dass ohne Kuhns Verhandlungsgeschick vieles Erreichte nicht möglich gewesen wäre.

Und auch vieles, was noch nicht sichtbar ist, geht auf Fritz Kuhns Initiative zurück. Etwa die Neugestaltung zahlreicher Plätze in der Stadt. Dazu gehört der Marktplatz, der Bismarckplatz im Westen oder die Grüne Mitte im Neckarpark. Auch der Rückkauf der Villa Berg und des Parks für eine neue kulturelle und bürgerschaftliche Nutzung ist Kuhns Verdienst. Die Stadt am Fluss hat er ins Rollen gebracht und viele Projekte sind in Planung, im Wettbewerb oder schon im Bau. Etwa das Lindenschulviertel, dass im Frühjahr 2021 fertig werden soll.

Inklusion und Gesundheitsschutz

Zudem machte er sich stark für Kinder, Inklusion und Gesundheitsschutz. Nicht ohne Grund erhielt Stuttgart die Anerkennung durch die UNICEF als „Kinderfreundliche Kommune“ für Maßnahmen wie temporäre Spielstraßen und Kinderbeteiligung in den Stadtbezirken. Auch der Ausbau und die Versorgung mit Kita-Plätzen und der Kita Förderung für Kirchen und Freien Träger lag Fritz am Herzen.

Erfahrener Krisenmanager

Sicher hat er sich das letzte Jahr als Oberbürgermeister anders vorgestellt. Als er mitten unter den Bürger*innen, fast unerkannt, am Schlossplatz bei den ersten von der Stadt veranstalteten Silvesterfeierlichkeiten dabei war und wir auf das Neue Jahr angestoßen haben. Niemand von uns dachte damals auch nur im Entferntesten daran, wie die nur wenige Wochen später ausbrechende Corona-Pandemie unser aller Leben verändern wird. Hier erwies sich der Oberbürgermeister einmal mehr als versierter und erfahrener Krisenmanager, der mit Weitsicht und der notwendigen Vorsicht agierte. Immer bestens informiert und auf dem neuesten Stand lenkte er die Geschicke der Stadt und unterstützte die Beschlüsse von Bund und Land manchmal schon bevor diese gefasst wurden.

Beste Wünsche

Wir wünschen Fritz Kuhn für die kommende Zeit Gesundheit, mehr Zeit für sich und seine Familie aber auch Muse, um sich nun Dingen zu widmen, auf die er sich freut. Und wir freuen uns auf Begegnungen mit ihm bei den hoffentlich bald wieder möglichen Anlässen, die die Stadt bereichern.