Klimaneutralität: Es gibt keinen Plan B
Am Donnerstag, 20. Januar, hat der Stuttgarter Gemeinderat in einer Generaldebatte zum Klimaschutz darüber debattiert, ob die Verwaltung der Landeshauptstadt alle Maßnahmen prüfen soll, die zur Erreichung der Klimaneutralität im Jahr 2035 notwendig sind. Am Ende der Debatte wurde dies mit großer Mehrheit beschlossen.
Hier geht’s zum Videomitschnitt der Rede des Grünen Fraktionsvorsitzenden Andreas Winter
Nachfolgend die Einführungsrede des Grünen Fraktionsvorsitzenden Andreas Winter:
„Heute beraten wir darüber, welches Ziel wir ansetzen, um gemeinsam mit der Stadtverwaltung und unter Hinzuziehung externer Expertise nicht nur ein Ziel zu formulieren, sondern – viel entscheidender für uns alle – in den nächsten Schritten den Pfad und die Zwischenschritte zu definieren, damit wir dieses Ziel der Klimaneutralität bis 2035 tatsächlich erreichen. Das ist ambitioniert. Aber in unseren Augen geht es nicht um die Frage, ob wir dies wollen, sondern wie wir das erreichen können.
Und genau darum geht in der heutigen Beschlussvorlage, Herr Oberbürgermeister, die ja auch ein Produkt gemeinsamer Annäherung von Rat und Verwaltung ist. Dies belegen sowohl die vorliegenden Anträge, wie die gemeinsamen Gespräche der letzten Wochen.
Wir können das Zieljahr 2035 unserer Meinung auch vertreten, weil sich in den letzten zwei Jahren viel bewegt hat. Da sind die Beschlüsse der Landesregierung, der Bundesregierung, das Vorziehen des Kohleausstiegs, die Aussagen zur Klimaneutralität der hiesigen Schlüsselindustrie und ein Wandel des gesellschaftlichen Bewusstseins und die zunehmende Bereitschaft vieler einzelner Menschen, einen persönlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten zu wollen.
Klimawandel hat nicht die eine Ursache – sie ist nicht monokausal – sondern, wenn wir ihn wirklich bekämpfen wollen, müssen wir an fast alle Bereiche ran, die unser Leben betreffen.
Das 200-Mio-Klimapaket von Oberbürgermeister Kuhn oder das Paket von über rund 500 Mio. Euro für die nächsten Jahre zur energetischen Sanierung städtischer Gebäude sind Bausteine aus den Haushaltsberatungen.
Im Bereich Mobilität sehen wir große Potentiale, die es zu heben gilt. Dabei kann es nicht nur darum gehen, die Antriebe aller jetzt fahrenden Vehikel emissionsfrei zu bekommen – bei aller Notwendigkeit, dies zu tun – sondern auch darum, über die Sinnhaftigkeit der jeweiligen Größe der Fahrzeuge im Verhältnis der zu transportierenden Masse nachzudenken.
Die Zielbeschlüsse zur Lebenswerten Innenstadt, zur Fahrradstadt Stuttgart sind weit über die damals beschließenden Fraktionen hinaus nun akzeptierte Grundlage für unser politisches Handeln.
Ich denke an den Ausbau des ÖPNV, die Taktverbesserung, SSB-Flex usw. Aber auch Mittel wie die Nahverkehrsabgabe durch einen Mobilitätspass wurden in ihrer Wirkung in Bezug auf Luftreinhaltung bereits überprüft und für wirksam empfunden. Es darf keine Denkverbote geben, wenn wir diese Klimakrise bewältigen wollen.
Eine der großen Emittenten von CO2 ist auch die Ernährung und die Landwirtschaft. Was bei uns in den Kantinen, aber auch zuhause und in Restaurants auf den Tisch kommt und woher die Lebensmittel stammen, hat Auswirkungen auf den Flächenverbrauch, auf Transportwege, aufs Tierwohl und die Umwelt.
Die Verfassungsrichter in Karlsruhe haben am 29. April 2021 Klimaneutralität verbindlich gemacht. Generationengerechtigkeit kann jetzt keine Floskel mehr sein. Der Gebrauch der Freiheit heute darf nicht ohne Rücksicht auf die Freiheit der nächsten Generation organisiert werden.
Es wird kein einfacher Weg. Gut, dass wir mit dem Bürger*innenrat Klima ein weiteres Forum an der Hand haben. Denn eines ist klar: Wir sind den Zielen der Klimaneutralität verpflichtet. Und „Fridays for future“ ist für uns GRÜNE nicht nur Rückenwind – nein, Klimaschutz ist uns eine Verpflichtung gegenüber den kommenden Generationen. Es geht um die Lebensqualität oder gar Lebensmöglichkeit auf unserem Planeten. Es gibt keinen Plan B.“
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