Innerhalb einer Woche haben sich mehr als 4000 Menschen die Ausstellung im neu eröffneten „Hotel Silber“ in Stuttgart angesehen. Das ist großartig. Wir freuen uns sehr über das große Interesse der Stuttgarterinnen an einem dunklen Kapitel Stadtgeschichte, das dank vieler engagierter Menschen und Initiativen nicht in Vergessenheit gerät. Die Geschichte von Überwachung, Verfolgung und Gewalt im Hotel Silber begann im Oktober 1928 als das Stuttgarter Polizeipräsidium das Gebäude in der Dorotheenstraße bezog. Als Dienstsitz der Polizei steht es für das beinahe geräuschlose Hinübergleiten der Weimarer Republik in die NS-Diktatur. Besonders in Erinnerung geblieben ist die Zeit als die Gestapo dort untergebracht war. Für viele galt und gilt das Hotel Silber deshalb als Inbegriff des NS-Terrors in Württemberg, von wo aus die Überwachung der Gesellschaft, die Deportation der Jüdinnen und Juden, die Verfolgung politischer Gegnerinnen und diskriminierter Minderheiten wie Homosexuelle, Sinti und Roma, die Unterdrückung von Zwangsarbeiter*innen organisiert und gesteuert wurde.
Wir Grünen freuen uns besonders, dass das Hotel Silber – auch auf unsere Initiative hin – als Bürgerbeteiligungsprojekt ein Ort des historisch-politischen Lernens und der Begegnung geworden ist, der sich mit Tätern und Opfern beschäftigt, die Institution Polizei und ihre Rolle in einem halben Jahrhundert im Hotel Silber zeigt und sich mit der Aufarbeitung der Geschehnisse in der Nachkriegszeit beschäftigt. Dabei spielt auch die Verfolgung homosexueller Männer eine wichtige Rolle. Sie wurden bis zur Änderung des Paragraphen 175 im Jahr 1969 in der Polizeibehörde im Hotel Silber verhört und verfolgt. Das Hotel Silber bietet sich deshalb an, den Wert der Akzeptanz gesellschaftlicher Vielfalt zu diskutieren und ein Zentrum zu sein, in dem ein ständiger Austausch über aktuelle Fragen möglich sein soll. Dies scheint umso wichtiger in Zeiten in denen wir unsere Demokratie und Menschenrechte zunehmend durch Hass und Hetze herausgefordert sehen. Das Hotel Silber ist wie kein anderer Ort geeignet, an das Grauen der Intoleranz und Diskriminierung, an Folter und Gewalt unter dem Einfluss einer rückwärtsgewandten Gesetzgebung zu erinnern und aufzuzeigen, wohin diese führen können.

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