Kitas gratis? Teilhabe und Qualität gehen vor

13. Mai 20193 Minuten Lesezeit

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Von unserem Stadtrat Vittorio Lazaridis

Die Forderung nach gebührenfreien Kitas ist ja an sich nichts Verwerfliches. Natürlich zahlt kein Mensch gerne Steuern, Gebühren oder Abgaben, wenn es keine guten Gründe dafür gibt. Bei Kitas lohnt sich ein differenzierter Blick auf die Ausgangslage, jenseits populärer Forderungen nach Gebührenfreiheit für alle.
Zunächst ist festzuhalten, dass wir in Stuttgart sehr viel Geld in den Ausbau unserer Kitas investiert haben und das auch weiterhin tun – der Ausbau ist noch lange nicht abgeschlossen. Vor allem bei den unter Dreijährigen muss noch viel getan werden, um den Betreuungsbedarf der Familien zu decken. Dazu braucht es genügend Fachkräfte, und das ist durchaus ein Problem. Wir haben deshalb im Gemeinderat unter Federführung der Grünen eine Ausbildungsoffensive gestartet, die durch finanzielle Anreize darauf abzielt, mehr Auszubildende über die Praxisintegrierte Ausbildung (PIA) zu gewinnen. Und wir haben uns mit den anderen Fraktionen darauf geeinigt, Erzieher*innen mit dem „Tarif Plus“ übertariflich zu bezahlen. Ausbildungsoffensive, gute Gehälter und bessere Betreuung kosten. Darüber hinaus ist es unbedingt notwendig, in die Qualitätsentwicklung der Kitas zu investieren. Wir brauchen dringend den weiteren Ausbau von Kinder- und Familienzentren, wir müssen das Thema Inklusion angehen und auch die alltagsintegrierte Sprachbildung in den Kitas intensivieren. Und wir müssen mit den freien Trägern, die für Stuttgart ein wichtiger Partner in Sachen Bildung und Betreuung sind, eine auskömmliche Lösung für die Förderung der Kitaplätze in ihren Einrichtungen aushandeln. Für uns Grüne gibt es deshalb eine klare Priorisierung: Qualitätsentwicklung kommt vor Gebührenfreiheit! Gerechter ist es, die Gebühren ans Einkommen zu koppeln. Familien mit kleinem Geldbeutel und Bonuscard müssen jetzt schon keine Kita-Gebühr bezahlen, und das ist auch absolut richtig so. Von einer generellen Gebührenfreiheit würden natürlich alle Familien mit Kindern profitieren, aber das heißt nicht, dass dies sozial gerecht ist – es profitieren auch jene, denen es finanziell sehr gut geht. Viel sinnvoller und gerechter ist eine Gebührenstaffelung bzw. gezielte Senkung. Diesen Weg haben wir Grünen bei den letzten Haushaltsberatungen eingeschlagen. Unser Antrag, dass Familiencardbesitzer pro Kind 50 Euro weniger bezahlen und ab drei Kindern der Kindergartenplatz kostenlos ist, fand eine breite Mehrheit. Wir Grünen wollen in Stuttgart diesen Weg konsequent verfolgen und streben eine Weiterentwicklung der sozialen Gebührenstaffelung an. Auch hier haben wir eine klare Haltung: gerechtere Gebührenstaffel vor Gebührenfreiheit.
Die frühkindliche Bildung in unseren Kitas ist ein wichtiger Baustein für eine gelingende Bildungsbiografie unserer Kinder. In Stuttgart besuchen 98 Prozent aller Kinder eine Kita. Das bedeutet, dass eigentlich alle Bildungsteilhabe genießen. Uns ist wichtig, weiter in Qualität und Personal investieren zu können. Die generelle Gebührenfreiheit ist zum jetzigen Zeitpunkt das falsche Signal. Sinnvolle und sozial gestaffelte Gebühren ermöglichen uns, in unseren Kitas sowohl Teilhabe als auch Qualität zu sichern.