Ein Blickfang am Züblin-Parkhaus: das Mural „Beautiful Decay“ der Stuttgarter Künstlerin Julia Humpfer. Foto: PFFFESTIVAL
Vier großformatige Kunstwerke in Süd, Mitte und West haben wir bei unserer GRÜNEN Tour „Urban Art: Kunst an Wänden“ am 8. September 2025 mit dem Rad erkundet. Mit dabei: unser Stadtrat Marcel Roth und Jan Ducks, einer der Initiator*innen des PFFFestival, der viele spannende Einblicke hinter die Kulissen gegeben hat.
Das PFFFestival fand in diesem Jahr bereits zum vierten Mal statt: Zwischen dem 30. Juli und Ende August gestalteten internationale und lokale Künstler*innen fünf neue Murals im Stuttgarter Stadtgebiet.
Foto: Patrick Vexler
Seit Beginn unterstützen wir das PFFFestival kulturpolitisch. Mit unserer GRÜNEN Tour wollten wir zeigen, welche spannenden Kunstwerke im öffentlichen Raum entstehen – und zugleich auch den Blick auf halblegale Werke werfen.
— Marcel Roth, Stadtrat
Wem gehört die Stadt? Gestartet sind wir am Marienplatz in Stuttgart-Süd. Nach der Begrüßung durch Marcel Roth und Jan Ducks stand ein halblegales Kunstwerk in der Möhringer Straße im Fokus: ein Kreis aus zwölf gelben Stacheldrahtelementen auf blauem Grund – eine kritische Anspielung auf die EU-Flagge.
„Wir haben hier eine sehr politische Arbeit“, so Marcel Roth. Der Künstler – aktuell auf einem Seenotrettungsboot im Mittelmeer im Einsatz – kritisiert damit die Abschottung der EU. „Sogar Jan Böhmermann hat das Werk auf Instagram gewürdigt, während er sonst für Stuttgart wenig übrig hat“, so Marcel Roth.
Das Kunstwerk wirft die Frage auf: Wem gehört die Stadt? „Für mich wiegt hier die Kunstfreiheit schwerer als Eigentumsrechte“, so Marcel Roth. Offenbar teilt auch der Eigentümer des Gebäudes diese Haltung, denn das Bild wurde bereits mehrfach beschädigt – und stets vom Künstler repariert.
Kreislauf der Natur Nächste Station war das Züblin-Parkhaus in Mitte – ein kommunalpolitischer Dauerzankapfel. „Noch immer ist unklar, ob es abgerissen oder für dringend benötigten Wohnraum umgenutzt wird“, erklärt Marcel Roth. Immerhin: Solange es steht, bleibt auch das Mural „Beautiful Decay“ erhalten, das die Stuttgarter Künstlerin Julia Humpfer 2023 für das PFFFestival realisiert hat. Ihr Werk thematisiert den Kreislauf der Natur: Aus Erde entsteht Leben, das nach dem Tod wieder zur Erde zurückkehrt.
Das größte Mural Stuttgarts Im Vergleich ist das Züblin-Mural eher mittelgroß. Mit 46 Metern Höhe und 20 Metern Breite hat der Künstler IOTA in diesem Jahr in Freiberg das bislang größte Stuttgarter Mural geschaffen – die 20. Fassade in der Wallensteinstraße.
Julia Humpfer benötigte für ihr Kunstwerk rund eine Woche, unterstützt durch eine höhenverstellbare Hebebühne und ein Gerüst. Während der Arbeit kam sie mit vielen Menschen aus dem Bohnen- und Leonhardsviertel ins Gespräch. Manche reagierten kritisch, besonders Menschen, die auf der Straße leben: „Viele empfanden es als Affront, dass hierfür Geld ausgegeben wird“, erzählt Julia Humpfer bei unserer Tour. Diese Erfahrung hat ihr Bewusstsein für die Rolle von Kunst im öffentlichen Raum geschärft.
Ohne Kultur geht’s nicht Unser Stadtrat Marcel Roth hat für die kritischen Reaktionen von Wohnungslosen Verständnis. „Andererseits: Kunst im öffentlichen Raum kommt allen zugute. Sie ist eine niedrigschwellige Form, Kunst zu erleben. Und Jan Ducks ergänzt: „Ohne Kultur geht’s nicht. Was bleibt von einer Gesellschaft, wenn Kulturtöpfe gestrichen werden?“
Kunst soll berühren Für die Zukunft wünscht sich Julia Humpfer, dass das PFFFestival weitergeht und noch mehr Menschen den Mut haben, „so etwas“ zuzulassen. „Ein Kunstwerk muss nicht unbedingt hübsch sein – entscheidend ist, dass es Emotionen auslöst.“
Nachwuchskünstler*innen fördern Die Förderung von Nachwuchskünstler*innen wie ihr liegt den Macher*innen des PFFFestival am Herzen. „Wir wollen nicht nur etablierte Namen einladen, sondern auch jungen Künstler*innen eine Bühne geben“, erklärt Jan Ducks. Außerdem werde auf Parität geachtet – aktuell liegt das Verhältnis bei 57 (Männer) zu 43 (Frauen) Prozent.
Autocollage am Berliner Platz Nach dem Halt am Züblin-Parkhaus haben wir zwei neue Fassaden besucht, die in diesem Jahr für das PFFFestival entstanden sind: das Werk von Fred Battle am Berliner Platz und das Mural von Jack Lack in Stuttgart-West.
Fred Battles Arbeit zeigt aufgestapelte Autos – wie auf einem Schrottplatz. Der international tätige Künstler setzt urbane Szenen gerne zu neuen, surrealen Motiven zusammen. Sein Werk in Stuttgart polarisiert: Für die einen ist es ein Denkmal für eine autofreie Stadt, für andere ein Affront gegen Stuttgart, weil ein BMW dargestellt ist. „Alle sind sich jedoch einig, dass es super umgesetzt ist“, sagt Jan Ducks. Proportionen, Schattierungen, Dreidimensionalität und Farbgebung beeindrucken. „Fred Battles Arbeiten erkennt man sofort an den Farben“, so Jan Ducks. Allein einen Tag habe der Künstler damit verbracht, sie zu mischen.
Zwei Äffchen in Waagschalen Den Abschluss bildete das Mural von Jack Lack an der Ecke Forst-/Johannesstraße in Stuttgart-West. Es zeigt eine junge Frau mit Waage, in deren Schalen zwei Äffchen sitzen – ein Symbol für Entscheidungen. „Bei jeder Entscheidung sitzen sozusagen ein Engelchen und ein Teufelchen auf der Schulter“, erläutert Jan Ducks das Kunstwerk.
Übrigens: Im Westen finden sich noch zwei weitere Murals:
Wandakquise das ganze Jahr Insgesamt gibt es inzwischen 20 Murals in Stuttgart. Neue Flächen werden ganzjährig akquiriert, was durch das gewachsene Standing des Festivals inzwischen einfacher geworden ist. Manche Eigentümer*innen geben den Künstler*innen freie Hand, andere wollen bei der Gestaltung mitsprechen. „Viele wollen keine politischen Botschaften wie Kapitalismuskritik an ihren Fassaden“, so Jan Ducks.
Für 2026 sind bereits drei Fassaden fix. „Deshalb ist es wichtig, dass die städtische Förderung im nächsten Doppelhaushalt 2026/2027 fortgeführt wird“, fordert Jan Ducks. Als GRÜNE Fraktion werden wir uns dafür einsetzen, dass unsere Stadt auch künftig bunter und lebenswerter wird – auch durch großformatige Kunstwerke im ganzen Stadtgebiet.
Über das PFFFestival
Das PFFFESTIVAL – Urbane Kunst in Stuttgart findet seit 2022 statt. Es ist ein Kooperationsprojekt zwischen der Stadt Stuttgart, der Baden-Württemberg-Stiftung und dem Kunstverein Wagenhalle. Ziel ist es, die Stadt langfristig bunter und lebenswerter zu machen.
Die Stadt Stuttgart fördert das Festival – Stand jetzt – bis einschließlich 2025 mit jährlich 120.000 Euro. Alle Werke werden von Anfang bis Ende dokumentiert; künftig sollen Infos und Videos direkt vor Ort über QR-Codes abrufbar sein.
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